Das, was ich gelernt habe, ist, dass das Leben uns ununterbrochen Wachstumseinladungen schickt. Immer wieder. Solange, bis wir uns unseren Wunden angenommen, sie transformiert und geheilt haben. Ich nenne diese Einladungen schlicht und einfach „durch“.
Jedes „Durch“ führt zu uns Selbst. Das Leben will ja gelebt, erfahren, durch-drungen werden. Angefangen vom Geburtskanal bis hin zum Sterbeprozess, wo dieses „Durch“ radikal, komprimiert und in geballter „ach du heilige Scheisse“ Ladung daherkommt. Oft ist es schmerzhaft, auch leidvoll, je nachdem, wieviel Widerstand wir leisten. Immer wieder schenkt uns das Leben Ereignisse, Menschen, Situationen, Momente, die nur eines sagen: da musst du durch. Und dann liegt es allein an unserer Haltung, ob wir dieses Geschenk annehmen und wie wir es handhaben. In der Regel erkennt man erst später, dass es ein Geschenk war. Unser Leben ist Wandlung und Entwicklung und verlangt nach Bewegung, damit wir wachsen und reifen können. Das „Durch“ ist diese Bewegung.
Es bringt uns, nicht sanft in der Regel, manchmal katapultiert es uns, aus unserer Komfortzone raus. Es ist nicht etwas, was wir wir wählen, wir werden gewählt. Das Leben legt sanft die Hände auf unsere Schultern und flüstert uns ins Ohr: „Es ist Zeit!“ Dieser Aufruf erschüttert uns bis ins Mark, weil unser Ego daran erinnert wird, dass es nicht der Hauseigentümer, sondern nur der Hausmeister ist. Das macht Angst. Auch weil wir da allein durch müssen. Wir fühlen uns kokonisiert, wie gelähmt, ohne Kontrolle. Wir bäumen uns auf, wollen diese vermeintliche Last abschütteln. Vergebens. Es macht noch mehr Angst. Ein inneres Feuer macht sich breit und beginnt Altes, was unserer Wahrheit nicht mehr dienlich ist, zu verbrennen, die alchemistische „nigredo“. Emotionen kochen, Wunden tun sich auf, Identität, Selbst- und Weltbild geraten ins Wanken. Lügen und Illusionen werden enttarnt. Wir möchten, dass es aufhört oder mindestens beschleunigt wird, vergebens. Das „Durch“ der Transformation kümmert es nicht.
Irgendwann werden wir müde vom Aufbäumen, Zappeln, Wehren und ergeben uns, geben uns dem Prozess hin. Und erfahren Gnade. Und Stille. In der Dunkelheit. Am Lebensgrund, wo kein Horizont und kein Halt mehr da ist. Und wir fühlen uns, vielleicht das erste Mal im Leben, doch getragen und geborgen. Der Kokon hat sich aufgelöst. Unsere Wahrnehmung hat sich verändert. Die Dunkelheit der Nacht ist dem zartroten Lächeln der Aurora gewichen. Innere Fenster werden klarer, Räume tun sich auf, die wir noch nie betreten haben, aber immer schon da waren. Wir staunen und erinnern uns, dass wir nie den Mut hatten, diese Zimmer zu erkunden. Aus Angst, wieder Schmerz zu erfahren. Und so versperrte der Nebel unserer eigenen Ignoranz den Weg. Dieser hat sich aufgelöst, ein silberner Schimmer zeugt noch davon.
Wir umarmen, voller Dankbarkeit, dieses Geschenk. Uns selbst. Unser Menschsein. Unsere Wunden. Unsere Vergangenheit. Unsere Spiegel. Unsere Liebsten, die uns all die Zeit zur Seite standen. Mit ihnen feiern wir unsere Auferstehung, fest geerdet, erhobenen, gekrönten Hauptes. Nun bereit dem Leben und der Wahrheit zu dienen. Durch und durch. Jedes „Durch“ führt zu uns selbst. Ein grösseres Abenteuer als diese Reise gibt es nicht.
Auf dieser Reise möchte ich dich begleiten, wenn du magst – du musst da nicht allein durch. Ich lade dich ein, zu wachsen – und freue mich auf dich!
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